Wo Indonesien aufhört und der Westen wieder anfängt

kuta1

Wir entschieden uns, direkt in den Süden von Bali weiterzuziehen. Unser Sitzleder war langsam wieder gefestigt und wir waren bereit für die nächste Bus-(Tor)tour. Mit fünf mal Umsteigen fuhren wir mitten durchs Hochland zum südlichen Zipfel der Insel. Für viele ist Südbali DAS Bali, für andere das genaue Gegenteil. Kuta, Seminyak, Sanur etc. sind die grossen Touristenziele hier. Auf unserer Fahrt passierten wir arme Bauerndörfer und betraten im Süden eine andere Welt. Abgesehen von der Sprache könnte man hier an jeder Touristendestination der Welt sein. Bars und Shops reihen sich dicht aneinander, bevölkert von ungewohnt viel heller Haut und dicken Bäuchen.

Wir bezogen eine superbillige Unterkunft in Kuta, dem Zentrum des Touristenmekkas. Was der Ballermann in Mallorca für die Deutschen ist, ist Kuta für die Australier. Hordenweise junge Aussies fliegen im Sommer auf Bali um die übrig gebliebenen Hirnzellen vollständig in Arak (indonesischer Reisschnaps) zu ersäufen. Kuta ist allerdings auch ein Surferparadies, bzw. das Surferparadies schlechthin und am Strand tummeln sich hunderte Surfer im Wasser.

Unser Zimmer liegt in einem schönen kleinen Garten, dessen Flora und Fauna sich bis in unser Zimmer weiterstreckt. Käfer, Spinnen, Geckos und ein hauseigener kleiner Ameisenhaufen inklusive. Doch für 3 Fr. pro Nase nimmt man einiges in Kauf. Unser Aktivitätspegel schrumpfte weiter und ein Grossteil unseres Tagesinhaltes besteht aus Rumliegen am Strand und dem ewigen Kampf mit den kleinen, mühsamen Sandkörnli, die sich in windeseile überall, absolut überall befinden.

Nach Beobachtung der verschieden talentierten Surfer (von Superprofi bis Kleinkind) entschieden wir, dass wir das doch auch können. Auf eine Surflektion verzichteten wir und mieteten einfach ein Brett für eine Stunde. Auf die Welle warten, aufstehen, losfahren, so in etwa müsste das doch funktionieren. Mehr oder weniger ahnungslos paddelten wir ins Meer hinaus und versuchten unser Glück. Schnell merkten wir, woher die sonnengebräunten Surfer ihre muskulösen Bodies haben, Surfen ist ja so was von anstrengend! Allerdings nicht das Surfen selber, sonder der Weg dahin. Um erst einmal nach draussen zu kommen, muss man eine nie endende Zahl von Wellen überwinden, die einem jedesmal den Kopf mit Salzwasser durchspülen.

Wir gaben den Versuch auf, die grossen Wellen weiter draussen zu erreichen, aber das war wohl ohnehin besser so. Wir übten uns mit den anderen Kindern an den kleineren Wellen und siehe da, es geht doch! Stilsicher mit den Armen rudernd brauste ich mit Höchsttempo auf meiner 30cm Welle richtung Strand. Ivo beherrschte das Surferhandwerk besser als ich, da er schon in Australien gesurft war.

Wir absolvierten knapp unsere Stunde, bevor wir entkräftet wieder an Land paddelten. Noch eine Portion Sonne, bevor wir uns für den Abend stärkten. Hauptattraktion Nummer Zwei in Kuta ist das Nachtleben und wir wollten uns die niveaulosen Aussies zumindest einmal antun. Wenn schon denn schon steuerten wir gleich einmal den grössten aller hiesigen Clubs an. Der Nachtklub “Kuta Skygarden” ist nicht nur ein Club, sondern gleich 8 in einem. Wir betraten diesen Spasstempel, bezahlten den horrenden Eintritt und wurden höchst professionell und effizient hinengeschleust. Eintritt bezahlen – Startgetränk wählen – Abholen – Trinken – Spass haben – heimgehen. Das Prozedere läuft perfekt organisiert ab und eine extra Startgetränk-Bar münzt das Ticket in Flüssiges um. Das industralisierte Spass-Haben. Endlich drin hatten wir mühe uns in diesem hedonistischen Labyrinth zurechtzufinden. Auf drei Stockwerken befinden sich vier grosse Dancefloors und mehrere Bars, die sich gegenseitig mit der Lautstärke zu überbieten versuchen. Wir flüchteten uns erst mal auf die Rooftop Bar und planten den Partyabend aus sicherem Abstand. Gleich nebenan übrigens das grosse Denkmal für die Bombenanschläge einiger nicht ganz so hedonistisch veranlagter Fundamentalisten im Jahr 2006, die 200 Partygänger das Leben kostete.

Schritt für Schritt erkundeten wir das verwinkelte Labyrinth aus Gängen, Treppen, Strobolicht und Techno bis dann der Abend auch irgendwann zu Ende war und wir mit leeren Taschen und vollen Ohren nach hause schwippsten. Heute lagen wir ereignislos am Strand herum und nahmen die Verkäufer auf den Arm, die einem unablässig Armbändeli, Kokosnüsse, Kokain, Pfeilbogen und weiss der Gugger was verkaufen wollen. Mein Name ist Gollum aus Mordor, Quabumbuli aus Polen oder wir kommen aus Nigeria, man hat uns alles abgekauft. Ob denn Mordor auch an der Fussball-WM teilnehme?

 

 

Ich habe bald genug von diesem Touristenmekka und freue mich, wieder in authentischere Gebiete vorzudringen. Leider müssen wir noch für eine Weile in der näheren Umgebung verbleiben, da ich mein Visa verlängern muss und die Bürokratie der Immigrationsbehörden leider nicht halb so effizient funktioniert wie der Schnapskonsum.

Bis zum nächsten Mal!

Hinterlasse eine Antwort

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind markiert *

Du kannst folgende HTML-Tags benutzen: <a href="" title=""> <abbr title=""> <acronym title=""> <b> <blockquote cite=""> <cite> <code> <del datetime=""> <em> <i> <q cite=""> <strike> <strong>