Exotische Früchte, farbenfrohe Kultur und bittere Armut

banjamarsin1

Nach ausgiebiger Erholung auf den Gili Islands war es Zeit das letzte Kapitel meiner Reise aufzuschlagen und in die Tiefen des Regenwaldes von Borneo vorzudringen. Dort sollen wir die Chance haben, die letzen frei lebenden Orang Utans zu sichten und auf fremdartige Kulturen zu stossen. Noch war es aber nicht so weit, denn wir waren noch in einem ganz anderen Teil des Inselreiches. Die Reise nach Kalimantan, so heisst der indonesische Teil von Borneo, gestaltete sich trotz langer Recherche als aufwändig und kostspielig.

Abermals mussten wir einen Zwischenstopp in Kuta (Bali) einlegen, um am nächsten Tag weiterzufliegen. Im Kubu Hotel bin ich mittlerweilen ein bekannter Stammgast, schliesslich bin ich ja schon das dritte Mal da innert einem Monat! Am nächsten Tag führte unsere Flugroute zuerst über Surabaya und schliesslich nach Banjarmasin im Südosten von Kalimantan. Neue Insel – Neue Welt. Kaum fünfhundert Kilometer weit weg von Bali und doch ist hier vieles grundverschieden. Die Touristen sind reichlich dünner gestreut und wir sind nur selten auf eine andere Langnase gestossen.

Nachdem wir den Flug schadlos überstanden haben fuhren wir mit dem Taxi ins Zentrum der mittelgrossen, von Kanälen durchzogenen Stadt. Teils wird Banjarmasin sogar das „Venedig von Asien“ genannt, was ich aber für etwas übertrieben halte, denn die Stadt hat dank der raschen Modernisierung doch einiges an Charme verloren. Allerdings wurde mir schnell ein Lächeln aufs Gesicht gezaubert, da wir hier wieder Exoten waren und pausenlos mit Lächeln, Winken und Händeschütteln beschäftigt wurden. Aus jedem Auto und von jedem Roller wurde uns zugewinkt und „Hello, Mister!“ gerufen. Das Lächeln und die Freundlichkeit der hiesigen Anwohner sind ganz anders als die geheuchelte Gastfreundschaft der Verkäufer in den Touristenorten Balis.

Wir kamen in einem eigenartigen, skurillen Hotel unter, welches aus lauter farbigen grossen Hallen besteht, die mit verschiedensten Treppenhäusern und Wendeltreppen verbunden sind. Es scheint, als wurde nach Lust und Laune in alle Richtungen gebaut. In Kalimantan befanden wir uns wieder auf streng muslimischem Territorium und schon bald schallten die Rufe des Muhezzins wieder aus allen Richtungen. Übrigens ist auch in ganz Kalimantan der Alkoholkonsum verboten, es gibt hier also kein Bier.

Da es trotz Trockenzeit stark regnete, befassten wir uns erst einmal mit der Planung unserer nächsten Tage und trafen uns mit Joe, einem uns empfohlenen Guide. Wir organisierten unsere Weiterreise in den Regenwald, die sich als unflexibel und teuer herausstellte. Joe allerdings war ein liebenswürdiger Mann, der übrigens einmal für ein halbes Jahr in St. Gallen gearbeitet und Ruderbote gebaut hat. Am frühen Abend waren wir gemeinsam aus um in einer düsteren Spelunke Billiard zu spielen, natürlich ohne Bier! Danach stiegen wir schon bald durch das Labyrinth von Wendeltreppen in unser Gemach, denn am nächsten Tag mussten wir früh aus den Federn.

 

 

Wir haben einen Ausflug zu den „Floating Markets“ organisiert, einem traditionsreichen, lokalen Markt, der sich auf den Flüssen und Kanälen der Stadt abspielt. Da die Zutaten zum Frühstück rechtzeitig da sein wollen, beginnt das Spektakel früh morgens und um 5:30 ging es bereits los. Akhmed, ein altes, humpelndes Mannli hat uns anerboten, uns den Flussmarkt zu zeigen. Im Dunkeln fuhren wir mit einem kleinen Boot los und schipperten über den Martapura River. Der Markt fand ausserhalb der Stadt in den Dörfern statt und so fuhren wir für eine Stunde dem Sonnenaufgang entgegen. An den Ufern des Kanals stapelten sich baufällige Hütten übereinander, welche den Ärmsten der Armen ein Zuhause bieten. Die lottrigen Blechbaracken standen teilweise so schief über dem Wasser, das man meinen würde, sie zerfallen bei der nächsten Berührung. Einige der Hütten lagen auch schon zerschellt zur Hälfte im Wasser. Mit den ersten Sonnenstrahlen brach der Tag an für die Anwohner, welche sich am Fluss badeten oder ihre Kleider wuschen. Die Menschen hier mögen arm sein an Besitz, nicht aber an Gastfreundschaft, denn auch hier mussten wir eifrig winken und wurden schon von weitem herzhaft begrüsst.

Schon von der Ferne konnten wir das emsige Treiben entdecken, welches sich auf dem Fluss abspielte. Dutzende von Booten drängten sich zu einer schaukelnden Versammlung zusammen, die in einem wilden Durcheinander auf dem Fluss trieb. Die kleinen Langboote waren bis zum Rand befüllt mit Orangen, Mandarinen, Bananen, Nüssen und anderen fremdartigen Früchten. Jedes Boot wurde von einem alten Fraueli gesteuert, welches gleichzeitig auch die Käufe und Verkäufe tätigte. Zuerst war uns nicht ganz klar, wie der Markt funktioniert, da scheinbar alle dasselbe anboten und es wohl wenig Sinn macht, die Orangen im Kreis herum zu verkaufen. Bald schon stellten wir aber fest, dass es auch allerlei kleine Boote gab, die andere Waren feilboten. Bananenblätter, Gemüse, Holzbesen, Schnüre und Seile, frische Fische, Krebse, Tücher, Töpfe und allerlei nützliche Dinge.

Die geschäftstüchtigen alten Tratschweiber feilschten hart und diskutierten ausgiebig. Unablässig wurden Körbe gegen Münzen ausgetauscht und Hühner wechselten die Besitzerin. Mittendrin trieben wir mit unserem Holzböötli durch den farbenfrohen, schwimmenden Markt und beteiligten uns zögernd am Geschäft. Experimentierfreundig stellten wir uns unser Frühstück aus verschiedensten Leckerbissen, wie z.B. frittierten Bananen, Manderinen, Rambutan und neuen unbekannten, exotischen Früchten zusammen. Z.B. „Zirzak“, eine handballgrosse Frucht mit stachliger Haut und saftigsüssem Fruchtfleisch, welches nach einer Mischung aus Ananas und Litschi schmeckt.

 

 

Die Erfahrungen auf dem farbigen Markt waren wunderschön und sehr eindrucksvoll. Hier schien ich eine authentische Portion Kultur gefunden zu haben. Auch die Armut an den Küsten des Flusses war eindrücklich und stimmte mich nachdenklich. Zurück in unserem kunterbunten Hotel holten wir erst einmal unseren Schlaf nach. Linda, die Betreiberin des Hotels erzählte uns von zwei Schweizerinnen, welche gerade von einem Urwaldtrekking zurückkehrten und meinte, wir sollten uns doch treffen. Wir fanden die Beiden nicht weit von unserer Bleibe an einer Strasse mit Essensständen. Nachdem wir uns über unsere Reisen und Pläne ausgetauscht haben, beschlossen wir die Moschee zu besuchen, welche eine der grössten in Indonesien sein soll. Diese zu finden war nicht besonders schwierig, da wir einfach dem ohrenbetäubenden Muhezzingesang folgen mussten.

Die Moschee sah gar nicht aus, wie man sich eine Moschee vorstellt, sondern eher wie ein arabisch angehauchtes Raumschiff, das von einem fernen, osmanischen Planeten auf einen Abstecher vorbeigekommen ist. Die Besucher sahen allerdings sehr wohl muslimisch aus und die Mädchen trugen weisse Gewänder und Kopftücher und die Männer diese muslimischen Hüte, die man hier so oft sieht.

Wir trugen wohlüberlegt lange Hosen und die beiden Schweizerinnen verhüllten sich so gut es ging. Mit den Fingern in den Ohren passierten wir die krächzenden Lautsprecher an den Aussentürmen und näherten uns mit einem mulmigen Gefühl der Moschee. Scheinbar war gerade ein Gottesdienst (Sagt man das beim Islam auch so? Verzeiht mein Unwissen) im Gange und wir wussten nicht, ob wir willkommen waren. Mit gebührendem Abstand beobachteten wir andächtig die Vorgänge und lauschten den Korangesängen mit ihren uns verborgenen Bedeutungen. Wir fühlten uns etwas fehl am Platz und zogen uns bald zurück, während die beiden Mädchen noch für einige Fotosessions gebraucht wurden.

 

 

Die Abende hier sind ruhig und wir vertrieben uns die Zeit mit Lesen, Billiard und Yatzi spielen. Am nächsten Tag war es schon wieder an der Zeit, weiter zu ziehen. Da das Gelände hier unwegsam und die Strecken weit sind, mussten wir erneut ein Flugzeug in Anspruch nehmen. Fliegen ist hier allerdings weitaus weniger kompliziert, als wir uns das in der Schweiz gewohnt sind und gleicht eher einer Busreise. Man geht zum Flughafen, steigt in ein Flugzeug, fliegt hin und steigt wieder aus. Allfällige Sicherheitskontrollen und Wartezeiten beschränken sich auf ein Minimum. Diesmal flogen wir mit Trigana Air in einer Propellermaschine von Banjarmasin nach Pangkalan Bun, von wo unsere Entdeckungsreise zu den Orang Utans starten soll. Nach einer Stunde landeten wir bereits auf der Schotterpiste in Pangkalan Bun und waren heilfroh, ohne Zwischenfall gelandet zu sein. Der Flughafen hat nur Platz für ein Flugzeug und war etwa so gross wie der Bahnhof Seuzach.

Hier wurden wir bereits erwartet, denn unser Klotok Boot sollte bald starten, um auf dicht umwachsenen Wasserpfaden in den Urwald einzutauchen und einer Menge Affen zu begegnen, doch mehr dazu im nächsten Beitrag!

3 Kommentare für “Exotische Früchte, farbenfrohe Kultur und bittere Armut

  1. Die Bilder mit den Marktfrauen sind sehr exotisch und beeindruckend. Die Früchte sind sicher süsser als unsere Treibhausgewächse. Nimm doch noch etwas Sonne mit nach Hause. Wir haben hier noch keinen Sommer gehabt.
    Pa

Hinterlasse einen Kommentar zu mami Antworten abbrechen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind markiert *

Du kannst folgende HTML-Tags benutzen: <a href="" title=""> <abbr title=""> <acronym title=""> <b> <blockquote cite=""> <cite> <code> <del datetime=""> <em> <i> <q cite=""> <strike> <strong>