Hoch über den Wolken am Mount Rinjani

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Diesmal führte mich die Reise hoch hinaus über die Wolken auf den Gunung Rinjani, den zweihöchsten Vulkan des Landes. Doch der Weg zum Gipfel sollte nicht zu einfach werden. Nachdem ich in Bali endlich meinen Reisepass mit verlängertem Visum zurückerhielt, war es an der Zeit, zur nächsten Insel aufzubrechen. Die örtlichen Gauner der Travel Offices erzählten mir durchgehend, dass alle Schnellboote nach Lombok bereits abgefahren sind und ich erst am nächsten Tag übersetzen könne.

 

Da die netten Leute vom Reisebüro lieber Bares statt Wahres haben, mass ich den Aussagen nicht viel Bedeutung bei und entschied mich, auf eigene Faust nach Lombok zu fahren. Richtige, öffentliche Verkehrsmittel zu finden ist eine schiere Unmöglichkeit, da einem Niemand ohne weiteres ehrliche Informationen geben will. Nach energischem Nachbohren fand ich dann doch einen Weg und reiste mit einem Dutzend verschiedener Busse und der öffentlichen Fähre tatsächlich am selben Tag noch zur nächsten Insel. Das Reisen mit öffentlichen Verkehrsmittel kostet etwa fünfmal weniger, dauert aber bestimmt auch eben so viel länger.

Auf der Reise begleiteten mich eine deutsche NGO-Mitarbeiterin und ein sehr charmantes, türkisches Pärchen, mit denen ich noch einen Tag am Strand verbrachte. Spät abends kamen wir in Kuta an, einem kleinen Fischerdorf an weissem Sandstrand, das nicht im Geringsten mit dem touristischen Kuta auf Bali zu vergleichen ist.

Am Abend wurden wir wie Fliegen von einem Lagerfeuer am Strand angezogen, um das sich einige indonesische Jugendliche und Travelers versammelt haben. Die Jungs zückten ihre Gitarren und gaben ein Stück nach dem anderen zum Besten. Dazu gab es Reiswein und am Feuer grillierten Fisch. Alles aus freien Stücken, eine schöne Aufheiterung nach all den geldgierigen Halunken an den Busbahnhöfen. Es war eine wunderschöne, romantische Stimmung, die den Abend leider viel länger werden liess als geplant, schliesslich sollte ich am nächsten Tag doch schon wieder aufbrechen. Mir wurde von allen Seiten abgeraten, die Besteigung des Mount Rinjani zu wagen, da die Wetterlage schlecht sei.

 

 

Ich hatte allerdings vor, mich mit Max und Laura (die beiden Deutschen, die ich in Bali kennen gelernt habe) zu treffen, welche am Fuss des Berges bereits voller Freude auf mich warteten. Nach einigem hin und her entschied ich mich dann, doch ins Vulkangebiet vorzudringen und war so froh, mich richtig entschieden zu haben! Ich machte mich auf den Weg und überstand kampferprobt alle Geplänkel mit den nervtötenden Söldnern der Reisemafia. Unterwegs mit dem öffentlichen Bus und zwei Franzosen hielt der Bus mitten im Dschungel an und ein Typ meinte, er würde uns kostenlos bis ins Bergdorf mitnehmen. Nach allen bisherigen Erfahrungen war ich sehr skeptisch und lehnte das Angebot schon aus Prinzip ab, doch die Franzosen waren weniger vorhereingenommen. So blieb mir nichts anderes übrig und mit mulmigem Gefühl stieg ich um. Ich wurde dann tatsächlich ohne jeden Haken an meinen Wunschort gefahren, wer hätte das gedacht! Manchmal ist es so schwer zu unterscheiden, ob man über den Tisch gezogen wird oder tatsächlich auf Gastfreundschaft stösst. Das Abwägen zwischen Skepsis und Vertrauen ist nicht einfach.

Doch ich war da und nun galt es ernst. Die Besteigung des 3726 Meter hohen Gunung Rinjani ist nicht zu vergleichen mit den Touri-Spaziergängen auf die Vulkane in Java. Die Trekkingtour dauert drei Tage und hielt einige anstrengende Etappen für uns bereit. Am morgen früh ging es los und das Ziel des Tages war, den Kraterrand zu erreichen, auf dem wir die erste Nacht verbringen werden. Dieser lag aber 1500m über uns, das kann ja noch heiter werden!

Begleitet von unserem Guide „Benz“ und einigen Trägern machten wir uns in einer Siebnergruppe auf und wanderten auf gewundenen Pfaden durch den lauschigen Regenwald. Über uns tanzten die Affen in den Baumkronen herum und die Vögel zwitscherten ihre Lieder. Nach dem Dschungel durchstreiften wir hohe Graslandschaften in der Savanne und die Pfade wurden immer steiler. Der Schweiss floss in Strömen und es war nicht gerade motivierend, wenn die Träger mit 40 Kilo Ladung auf den Schultern und Zigarette im Mundwinkel mühelos an uns vorbei den steilen Weg hoch tänzelten.

Nach gut 6 Stunden schier senkrechtem Aufstieg standen wir erschöpft auf dem Kraterrand. Dicke Nebelschwaden zogen auf und ohne Bewegung wurde es schnell kalt. Wir halfen der Crew, die Zelte aufzustellen, denn hier galt es die Nacht zu verbringen. Ich zog alle Kleider an, die mir zur Verfügung standen und wartete schlotternd auf das Abendessen, welches die Träger mit einfachen Mitteln aus dem Nichts zauberten. Die Wolken verflüchtigen sich und gaben die atemberaubende Kulisse frei, die sich um uns bot. In der Mitte des Kraters lag ein riesiger, tiefblauer Kratersee, der von steilen Felswänden umgeben war. Wir waren nun auf 2600 Meter Höhe und konnten rund um uns herum bis zum Meer sehen. Dazwischen versank die dunkelrote Sonne in einem unendlichen Wolkenmeer. Dies war der Höhepunkt des ersten Tages, begleitet vom Tiefpunkt des Tages: Meine Kamera hat den Geist aufgegeben! Ihr werdet euch fortan wohl mit Bildern meines iPhones begnügen müssen. Eine weitere Enttäuschung ist, wie unglaublich verdreckt der ganze Berg ist. Überall liegt haufenweise Abfall herum, etwas das in unseren Bergen unvorstellbar wäre. Die Wege sind gesäumt von Müll und Exkrementen. Ich finde das so schade und die Einheimischen scheint das wenig zu interessieren, obwohl es Bemühungen und Aufräumaktionen gibt.

 

 

Ohne Sonne wurde es schlagartig eiskalt und schon bald verkroch ich mich in meinem Zelt. Am nächsten Tag mussten wir nämlich bereits um 2:00 aufstehen, um den Aufstieg zum Gipfel zu wagen. Das bedeutet weitere 1100 Höhenmeter, die es zu meistern gilt. Schlotternd und mit steifen Gliedern krochen wir mitten in der Nacht aus unseren Zelten um uns bewaffnet mit Stirnlampen auf den Weg nach oben zu begeben.

Emsig kraxelten wir auf dem schmalen Grat in Richtung Gipfel. Der Boden bestand aus grobkörnigen, weichem Vulkansand und gab bei jedem Schritt nach. So hiess es zwei Schritte vor, einen zurück. Der Grat war extrem steil und kostete alle Kraft. Doch kurz vor Sonnenaufgang standen wir auf dem Gipfel! Es war eiskalt und viel zu sehen gab es nicht, da wir im dicken Nebel lagen. So stand ich mit einigen anderen, halbtoten Gestalten in der Eiseskälte, bevor wir uns wieder an den Abstieg machten. Einige, weniger sportliche Besucher hatten sichtlich Mühe sich noch auf den Beinen zu halten. Beim Abstieg klarte es auf und ich genoss die spektakuläre Rundumsicht. Inmitten des Kratersees lag ein kleiner Babyvulkan, aus dem noch immer Rauchsäulen hervorstiegen. Rund um den Kratersee konnte man aus dieser Höhe bis zum Meer sehen und sogar die verschiedenen Inseln wahrnehmen. Weit in der Ferne ragte der Gunung Agung, der Vulkan auf Bali einsam aus den Wolken.

1000 Meter hinauf und wieder hinunter, doch der Tag war leider noch lange nicht zu Ende. Nach dem Frühstück stiegen wir weitere 600m zum Kratersee hinab. Hier gab es eine heisse Quelle und wir konnten im heissen, schwefligen Wasser baden. Was für eine Wohltat nach diesen Strapazen! Doch mit unserer Annahme, dass wir nun neben diesen schönen, heissen Quellen unser Lager aufschlagen war weit gefehlt! Der Lagerplatz lag leider auf der anderen Seite des Kraters auf dem Grat und so galt es wieder 600m nach oben zu klettern. Nach dem Wellness-Bad in den heissen Quellen war ich natürlich wenig erpicht darauf, die schweren Beine wieder in Gang zu bringen.

Es geht aber immer irgendwie und auch dieses Mal standen wir einige Stunden später wieder oben und genossen die so unglaubliche Aussicht. Die Träger und Guides sind übrigens allesamt in Flipflops unterwegs. Wie die das bei der Saukälte, den steilen, rutschigen Pfaden und dem schweren Gewicht hinbringen, ist mir schleierhaft. Aber Flipflops sind hier ohnehin das universale Schuhwerk, auch auf allen Baustellen balancieren die Arbeiter mit Flipflops auf den Gerüsten.

Nach einer weiteren eiskalten, unbequemen Nacht ohne viel Schlaf ging es an den Abstieg ins Tal. Runter ist zwar weniger kräfteraubend als hoch, doch 1600 Meter steiler Abstieg geht ganz schön in die Knie. Die Landschaft wechselte von unwirtlicher, karger Felslandschaft zu saftigen Wiesen mit meterhohen, exotischen Farnen bis wir wieder im Dschungel waren, wo sich die Pfade steil hinab über dicke Wurzeln und Lianen wanden. Oft vergass ich meine müden Beine, da die Aussicht einfach so unglaublich schön und spannend war.

 

 

Erschöpft, dreckig und hungrig waren wir wieder im Tal. Mit müden Beiden und glücklichen Erinnerungen freute ich mich einfach nur noch auf eine Dusche, ein weiches Bett und eine Pizza. Oh, wie habe ich drei Tage von einer Pizza geträumt.

Genau das habe ich nun getan und mir eine Auszeit am Strand gegönnt. Heute habe ich die Beine ausgestreckt und es mir gut gehen lassen. Doch mein Reiseplan ist ambitioniert und morgen geht es bereits weiter zur viertägigen Schiffstour rund um das Archipel von Nusa Tenggara, auf der Suche nach den sagenumwobenen Komododrachen.

Danach werde ich nach Bali zurückfliegen müssen, um rechtzeitig da zu sein, wenn Duro ankommt! Mit mulmigen Gefühl habe ich den Flug gebucht, da die Airline „Wings Air“ in Europa auf der schwarzen Liste steht und Flugsicherheit ein akutes Thema ist. Vor vier Wochen flog ich schliesslich exakt auf derselben Flugroute wie der gestern abgeschossene Passagierflieger der Malaysia Airlines. Wird schon gutgehen! In fünf Tagen bin ich dann zurück mit neuen, spannenden Geschichten.

Ein Kommentar für “Hoch über den Wolken am Mount Rinjani

  1. liiiebe Grüsse aus der regnerischen Grimselpasshöhe. Wir weichen in die Bernina aus. Muntsch Mami

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