Tief im Regenwald auf Tuchfühlung mit dem König der Baumkronen

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Im Regenwald von Borneo haben wir eindrückliche Begegnungen mit der Tierwelt erlebt. Allem voran natürlich die Sichtung der Orang Utans. Noch nie war ich einem Menschenaffen so nah! Nachdem wir in Pangkalan Bun, im Südwesten von Kalimantan gelandet sind, wurden wir direkt am Provinz-Mini-Flughafen abgeholt und fuhren zum Hafen von Kumai, wo ein Klotok-Boot auf uns wartete. Klotoks sind kleine Hausboote die vier bis sechs Gästen und einer Crew Platz bieten.

Uns blieb nur wenig Zeit, einige Kleinigkeiten einzukaufen, denn schon bald legten wir ab. Wir waren nur vier Gäste an Bord, Ein in Spanien lebender Franzose, seine Partnerin aus Jakarta und wir zwei. Begleitet wurden wir vom Bootscaptain, einem Guide (ich weiss seinen Namen nicht, aber lass uns ihn fortan Joe nennen, so heissen hier alle), einem weiteren Matrosen und einer Köchin.

Gemächlich zogen wir über das braune Flusswasser im Hafen und der Motor tuckerte gemütlich. Allmählich bin ich an die Schiffsfahrten gewohnt, da ich in den letzten Wochen fast so oft auf See war wie an Land. Seekrankheit wurde mir hier allerdings nicht zum Problem, da es auf den Flüssen kaum Wellen gibt und das Klotok ruhig im Wasser lag. Wir verliessen die offene Bucht und bogen in eine Schneise im Wald ein: Die Eingangspforte zum Nationalpark Tanjung Puting. Das 4000km² grosse Naturschutzgebiet liegt am südwestlichen Zipfel von Kalimantan und ist eines der letzten Reservate, in dem Orang Utans und andere bedrohte Wildtiere um ihr Überleben kämpfen. Der Regenwald in Borneo ist arg bedroht durch Holzbau, Brandrodungen und Palmölplantagen. Die Nationalparks können dieser Zerstörungswut zwar zum Teil Einhalt gebieten, doch es wird nachwievor illegal gerodet und Jagd auf bedrohte Arten betrieben.

 

 

Zu Beginn unserer mehrtägigen Bootsfahrt fuhren wir auf einem breiten Kanal, der auf beiden Seiten durch Palmengestrüpp gesäumt war. Mit der Zeit wurden die Bäume allmählich immer grösser und wir drangen tiefer in den Regenwald ein. Hinter den Palmen erschienen erste, grosse Tropenbäume und wir schärften unseren Blick auf der Suche nach möglichen Waldbewohnern. Die Orang Utans leben tiefer im Wald, so waren wir am ersten Tag auf der Suche nach den Nasenaffen, einer weiteren, stark bedrohten Affenart, die es nur in Borneo gibt.

Die Nasenaffen bevorzugen, die Nacht an den Flussufern zu verbringen, was uns natürlich sehr gelegen kam. Gegen den späteren Nachmittag tauchten sie überall auf den Bäumen rund um uns herum auf. Die Nasenaffen sind unverkennbar, da sie eine riesige, birnenförmige Nase haben, die aussieht als hätten sie einen Penis mitten im Gesicht – verzeiht mir den Ausdruck. Unser Guide Joe hatte ein ausgezeichnetes Auge für das Wildleben und führte uns zu perfekten Plätzen für gute Fotosujets.

Unterwegs kosteten wir von weiteren, exotischen Früchten, z.B. von einer eigenartigen, glibbrigen Masse im inneren eines medizinballgrossen Tannenzapfens, der an den Palmen wuchs. Mit der Dämmerung sprühten wir uns von Kopf bis Fuss mit Mückenspray ein, denn im malariaverseuchten Borneo und abgeschnitten von jeglicher Zivilisation wollten wir keine Risiken eingehen. Schon bald legten wir uns unter das Moskitonetz, lasen in unseren spannenden Romanen und lauschten den gefürchigen und fremden Geräuschen, die aus dem Dschungel zu uns drangen.

Am nächsten Morgen gingen wir an Land, um auf die Suche nach den grossen Jungs im Wald zu gehen. Wir waren alle ganz gierig darauf, einen Orang Utan zu entdecken und ich war unsicher ob wir denn auch welche finden würden. Meine Zweifel lösten sich bald in Luft auf, denn es dauerte keine zehn Minuten, bis wir den ersten, haarigen Verwandten trafen. Und was für einer! Wir waren gleich zu Beginn auf ein altes Männchen gestossen, wobei “Männchen” etwas irreführend klingt. Der majestätische alte Affenkönig hatte Arme wie Baumstämme und einen massigen Körperbau. Er schien allerdings kaum interessiert, uns zu imponieren und stopfte sich gemächlich eine Banane nach der anderen ins Maul.

Die Orang Utans im Tanjung Puting Nationalpark sind nur bedingt als wild zu bezeichnen. Zwar leben sie hier frei, doch sind die Meisten Teil eines Rehabilitationsprojektes, bei dem aus der Gefangenschaft befreite Jungtiere und von Palmölplantagen vertriebene Exemplare versuchsweise wieder in der Wildnis angesiedelt werden. Diese sind bereits an die Menschen gewöhnt und trauen sich daher sehr nah an uns ran. Für die Besucher ist dies natürlich wunderschön, denn man kommt den Tieren näher als selbst im Zoo. Der behäbige, alte Papa Brumm-Affe stand kaum zwei Meter neben uns.

 

 

Wir wanderten weiter durch den Tropenwald, auf dem Weg zu einer Fütterungsstation. Hier werden die Affen weiterhin gefüttert und mir war nicht ganz klar, inwiefern dies zur Auswilderung der Tiere beiträgt. Sobald die Bananen und die Milchschüsseln bereitstanden, raschelte es überall in den umliegenden Baumkronen und einige Orang Utans der lokal ansässigen Familie bahnten sich behäbig den Weg durch den Blätterwald. Was dann folgte, war eine einzige Fressorgie, denn die Affen waren fortan damit beschäftigt, so viele Bananen in den Mund zu stopfen, wie nur irgendwie möglich reinpassten. Und das sind viele! Ein Affenmami hat es geschafft, sechs Bananen auf einmal zu bodigen, bevor sie sich wieder auf einen Baum zurückzog. Am Bauch der Affenmamis hingen zuckersüsse kleine Affenbabies, die mit neugierigem und verstohlenem Blick zu uns rüber blinzelten.

Wir beobachteten das Treiben lange und versuchten, die besten Momente für ein Foto zu erhaschen. Natürlich waren wir nicht ganz alleine und es sammelte sich eine Heerschar Touristen an. Zwischendurch verschwanden wir allerdings mit einem mulmigen Gefühl auf den umliegenden Pfaden im Wald. Wir waren nicht ganz sicher, ob Papa Brumm-Affe immer noch so friedlich bleibt, wenn er uns alleine im Wald erwischt. Joe pfiff uns schon bald zurück und wir wanderten wieder zu unserem Boot. Auf dem Weg begegneten wir noch einigen Riesenameisen und noch riesigeren Spinnen! Als unser Guide dann auch noch erzählte, es gebe hier viele Taranteln, konnte ich nicht schnell genug wieder an Bord kommen.

 

 

Joe stammt aus einem Dayak-Stamm, das sind die Ureinwohner von Borneo. Ohnehin scheinen wir einen super Guide ewischt zu haben, den Joe hat vor seiner Fremdenführerkarriere elf Jahre im Nationalpark gearbeitet und kannte alle Orang Utans beim Namen und war sehr vertraut mit ihnen. Durch ihn erfuhren wir viele spannende Dinge über die Tiere. Am Nachmittag besuchten wir eine weitere Fütterungsstation, doch schon auf dem Weg begegneten wir einer Vielzahl frecher Affen, die um das Camp herumlungerten und den Forschern die Jeanshosen von der Wäscheleine stibizten. So hautnah konnte ich noch nie Wildtiere erleben, denn die Affen liefen um uns herum und hingen kaum zwei Meter über uns in den Ästen. Unter die Orang Utans gesellte sich auch ein lustiger, frecher kleiner Gibbon, der mit tolpatschigen Bewegungen um die Fütterungsplattform herumtanzte und den besten Moment abwartete, um den grossen Jungs ein paar Bananen zu stehlen.

Der Besuch bei den Orang Utans war ein atemberaubendes Erlebnis, ich hätte nicht gedacht, dass wir den Tieren so nahe kommen. Auch der Bootstrip war sehr angenehm und unsere Köchin zauberte jeden Tag ein fabelhaftes Essen auf den Tisch, auch wenn die Kombüse unter Deck so klein war, dass man nicht einmal aufrecht darin sehen kann. Es ist schwierig, die Eindrücke in Worte zu fassen und am besten lasse ich die Bilder für sich sprechen. Das sind keine Bilder aus dem Internet sondern tatsächlich Fotos von Affen, die direkt vor uns standen!

 

 

Am dritten Tag schipperten wir wieder zurück zum Hafen von Kumai und wir waren noch unschlüssig, wie unsere Reise weitergehen sollte. Da das Abenteuer Indonesien sich bald zu Ende neigt, wollen wir die letzten Tage noch an einem schönen Strand verbringen. Wir hatten vor, noch weiter in Kalimantan zu bleiben, doch wegen der fehlenden Infrastruktur muss man hier ständig auf das Flugzeug zurückgreifen. Der Trip zu unserem Traumziel im Nordosten hätte mehrere Flüge benötigt und so verzichteten wir darauf, noch mehr Zeit, Geld und CO2 zu verschwenden. Wir entschieden uns, direkt nach Jakarta zurück zu fliegen und unsere letzen Tage in Java zu verbringen. So können wir weitere Flugreisen auslassen und eine Menge Geld sparen. Und im Westen von Java gibt es noch einige unentdeckte Leckerbissen! Werden wir noch weitere Vulkane besteigen? Java Nashörner aufspüren oder nochmals in die Tiefen des Ozeans tauchen?

Bis bald zum letzten Abenteuerbericht aus den Archipeln Asiens!

 

 

2 Kommentare für “Tief im Regenwald auf Tuchfühlung mit dem König der Baumkronen

  1. Bin vom Lesen eures Berichts “Hin-und-weg” und werde traurig beim Gedanken, dass ihr beide auch schon bald an ein anders interpretiertes “Hin-und-weg” denken müsst.
    Röbi, ich werde deinen spannenden Reiseblog vermissen und freue mich umgekehrt riesig dich safe und sicher zu Hause zu wissen… und in die Arme zu schliessen.

  2. Ich bin gerɑde zufaellig auuf Ihrer Homepage gelandett (war auf der Suche
    nacfh einjer anderen Homepage). Ich moecһtte diese Seite nicht verlassen, ohne Euch ein Lob zzu dieseг kⅼar strukturierten und schick designten Seite zu hinterlassen!

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